Die Nationalsozialisten verteufelten den Jazz als „Entartete Musik“

Der von Schwarzen und Juden erfundene, ab den Zwanziger Jahren weltweit in den Metropolen immer beliebtere Jazz war den Nazis naturgemäß suspekt. Schon von 1935 an galt für den gleichgeschalteten deutschen Reichsrundfunk das „endgültige Verbot des Nigger-Jazz“. Doch Joseph Goebbels war für seine Propaganda im Ausland jedes Mittel recht. Mitten im Krieg ließ der Reichspropagandaminister die besten deutschen Jazzmusiker sowie deren prominenteste Kollegen aus dem europäischen Ausland für eine auf seinen Befehl gegründete Jazzband rekrutieren: Charlie and his Orchestra.
Unter ihnen befanden sich der Berliner Bandleader und Saxofonist Lutz Templin, der Münchner Schlagzeuger Freddie Brocksieper sowie der Wiener Charlie Tabor. Aber nicht der Trompeter aus Österreich wurde der Namensgeber des Orchesters sondern ein gewisser Karl Schwedler, Künstlername „Charlie“, Beamter und Sänger aus dem Propagandaministerium.

Die Band wurde beauftragt, heiße Swing Arrangements für den Auslandsrundfunk zu spielen. Dass die Nazis selbst es waren, die schon seit Beginn des zweiten Weltkriegs den Jazz ins Radio brachten, bekamen die meisten Deutschen gar nicht mit. Denn swingende Musik lief exclusiv im für das feindliche Ausland produzierten Programm des Deutschen Kurzwellensenders (KWS); die üblichen Radios aber, so genannte `Volksempfänger´, konnten nur Lang- und Mittelwelle empfangen.

Diese Situation brachte die Musiker in erhebliche Gewissenskonflikte. Einerseits wurden sie von den Nazis instrumentalisiert, andererseits liebten sie den Jazz und genossen privilegierte Verpflegung, französischen Cognac, Seidenstrümpfe für ihre Damen sowie eine nicht zu verachtende Bezahlung. Und die meisten von ihnen entkamen durch ihr Spiel im Jazzorchester der Einberufung zur Wehrmacht und dem Dienst mit der Waffe an der West- oder Ost-Front.

Nach Kriegsende spielten dann viele der deutschen Jazzmusiker für die Amerikaner. Und in München eröffnete Drummer Freddie Brocksieper in der Schwabinger Leopoldstraße 15 einen eigenen Club, das STUDIO 15. Hier spielten neben einstigen Orchesterkollegen wie Charlie Tabor viele deutsche Spitzenmusiker und regelmäßig waren auf Freddies Podium Weltstars des Jazz zu Gast.